Medien- und Politikinfo 20.12.2022
Weihnachtsgeschenk vom scheidenen Airport-Chef
Thomas Schnalke (60) geht nach mehr als 20 Jahren am Flughafen DUS in den Ruhestand. Beim letzten Interview mit der RP (s. Rheinische Post, leider hinter einer Bezahlschranke) hinterlässt er den Lärm- und abgasgeplagten Anwohnern noch ungewollt einige Geschenke. Er bestätigt einige Punkte, die die Bürger gegen Fluglärm seit Jahren kritisieren:
„Flüge von Düsseldorf nach Frankfurt müssen nicht sein“
In der Spitze waren dies ACHT tägliche Zubringerflüge nach Frankfurt, zusammen mit den Rückflügen ergaben sich 16 x 365 = 5.840 offenbar unnötige slots. Warum hat Lufthansa diese Flüge trotzdem jahrzehntelang beibehalten und erst jetzt reduziert und durch Bahn-Zubringerdienste ersetzt? Die Erklärung ist ebenso simpel wie verstörend: nur wer die ihm zugeteilten Start- und Landerechte zu mind. 80% nutzt, darf sie auch behalten. Während Corona war diese Regelung ausgesetzt, nun zieht Lufthansa offensichtlich Eurowings-Maschinen in die neuen Basen in Süd- und Osteuropa ab.
Erneut wird bestätigt, hier sogar durch den scheidenden Chef, was die Bürger gegen Fluglärm seit Jahren sagen: Kurzstreckenflüge sind extram umweltbelastend, unter 400 km Entfernung ist die Bahn die bessere und umweltfreundlichere Wahl, zumeist sogar schneller, erst Recht, wenn Sicherheitskontrollen und Gepäckladung nicht funktionieren.
Früher hieß es immer: Wohin die Airlines fliegen, darauf haben wir keinen Einfluß. Aber sieh an:
Sollten Kurzstreckenflüge verboten werden?
Schnalke: Nein, auf keinen Fall. Auf bestimmten Strecken wie Düsseldorf–Berlin ist das Flugzeug weiterhin unverzichtbar, ebenso als Zubringer zum Flughafen München. Aber zwischen Düsseldorf und Frankfurt müssen Kurzstreckenflüge nicht sein. Diese Slots nutzen wir dann lieber für andere Angebote. Wir als Branche setzen insgesamt auf eine viel bessere Verzahnung mit der Schiene. Gerade Düsseldorf ist ja mit dem eigenen Fernbahnhof hervorragend dafür aufgestellt.
Wer ist das „wir“? Also hat der Flughafen doch Einfluss? Oder muss er tatenlos zusehen, wie die Airlines die Konsequenzen aus dem andauernden Chaos ziehen, das gerne nur der Bundespolizei in die Schuhe geschoben wird, obwohl es beim Check-In und beim Koffer-Ein- und Ausladen z.T. noch chaotischer zugeht?
Und dann bestätigt der scheidende Flughafen-Chef auch noch, dass Kurzstreckenflüge klimaschädlicher sind als andere Flüge:
Wie stehen Sie zum Klimaschutz?
Schnalke: Klimaschutz ist schon seit längerer Zeit das wesentliche Thema unserer Branche. Wir haben Fortschritte gemacht. Bei einer Reise mit einem Jet werden pro Passagier auf 100 Kilometer nur noch 3,5 Liter Sprit verbraucht, bei der Kurzstrecke sind es sechs bis sieben Liter, weil beim Start besonders viel Kerosin verbrannt wird. Das ist so schlecht nicht, und es ist viel besser als früher. Insgesamt macht ja die Luftfahrt 3,5 Prozent des CO2-Ausstoßes weltweit aus.
Wohlgemerkt pro Passagier! Somit ist selbst ein mit nur 2 Personen besetzter PKW mit 5 ltr. (also 2,5 ltr. pro 100 Passagier-KM) auf der Kurzstrecke dreimal klimafreundlicher. Und die Verharmlosung, dass der Luftverkehr nur rd. 3,5% des weltweiten CO-2-Ausstoßes ausmache, die ist altbekannt. Wenn man Industrie und Heizungen mitzählt, dann wird das wohl immer noch nicht stimmen mit „nur 3,5%“. Bezieht man hingegen diesen Verbrauch des Luftverkehrs nur auf den gesamten Verkehrssektor und setzt ihn in Bezug zu den zurückgelegten Passagierkilometern, dann wird klar, was jeder Schüler in der 8. Klasse in Physik lernt, dass es deutlich mehr Energie braucht, 100 Passagiere 10 km in die Luft zu hieven statt sie ebenerdig mit Bahn, Bus oder Autos zu transportieren.
Bei der Klimadiskussion wird darüber hinaus immer wieder vergessen, dass Luftverkehr erhebliche Nicht-CO2-Klimawirkungen hat (z.B. Wolkenbildung durch Wasserdampf) und durch Luftverkehr die Reiseentfernungen erheblich steigen (statt mit dem Auto nach Italien fliegt man heute z.B. in die Türkei), ein Vergleich „pro 100 km“ also verzerrend wirkt.
Erneut Thomas Schnalke:
Der neue nordrhein-westfälische Verkehrsminister Oliver Krischer von den Grünen denkt angeblich darüber nach, Ihnen die höheren Kapazitäten weitgehend zuzubilligen, aber im Gegenzug käme eine härtere Nachtfluggrenze. Könnten Sie dem zustimmen?
Schnalke: Die Nachtflugregelung finde ich bereits jetzt sehr klar. Es liegt nun am Land, unseren Antrag abzuwägen.
Was passiert, wenn der Antrag abgelehnt wird?
Schnalke: Ganz einfach: Ohne höhere Kapazitäten findet das Wachstum woanders statt. Das hat negative Folgen für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt in Düsseldorf. Die Menschen würden weiter auf Reisen gehen, aber häufiger von Frankfurt, Amsterdam oder anderen Orten aus. Das schadet übrigens auch der Klimabilanz, wenn die Anfahrten länger werden.
Was bringen mehr Start- und Landerechte, wenn viele Passagiere schon jetzt unter dem Chaos am Flughafen Düsseldorf leiden?
Schnalke: Die Engpässe beim Einchecken lagen in der Verantwortung der Airlines – diese Probleme wurden relativ schnell gelöst. Bei den Sicherheitskontrollen haben wir schon im Herbst 2021 vor Engpässen gewarnt, geschehen ist viel zu wenig. Nun hoffen wir, dass wir und eine Reihe anderer Flughäfen künftig die Sicherheitsfirmen selbst auswählen und steuern dürfen und nicht mehr die Bundespolizei dafür verantwortlich ist. Das könnte eine gute Lösung sein. Ein erstes Gespräch mit dem Bundesinnenministerium hat es bereits gegeben.
Was an den Nachtflugregelungen „sehr klar“ sein soll, das weiß nur er allein. Und ein bißchen von dem seit Jahrzehnten herbeigeredeten Wachstum an die anderen Flughäfen abzugeben, das darf natürlich nicht sein. Aber Oliver Krischer ist Verkehrs- und Umweltminister für ganz NRW! Und ob die hiesige Wirtschaft an dem Verzicht auf den x-sten Warmwasserflug leidet, auch das glaubt nur noch die IHK. Es ist stets die gleiche Leier: Erpressung der Politik mit falschen Behauptungen. Wollen wir uns alle für das neue Jahr wünschen, dass Oliver Krischer nicht darauf reinfällt und endlich Ordnung schafft in seiner seit Jahrzehnten mit den nahezu gleichen Leuten besetzten, viel zu flughafennahen Fachabteilung.