Klimawirkungen des Luftverkehrs

Auf den ersten Blick scheint der Luftverkehr nur geringen Einfluss auf den Klimawandel zu haben. „Nur“ 3,5% der weltweiten CO2-Emissionen werden durch Flugzeuge ausgestoßen (https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2020-09/co2-emissionen-luftverkehr-flugzeuge-klimawandel-globale-erwaermung). Aber:

  • Weniger als 10% der Weltbevölkerung hat überhaupt schon einmal in einem Flugzeug gesessen. Es handelt sich um den Luxus der reichen Industrienationen, und auch hier wiederum um eine reiche Minderheit, die diese Emissionen verursacht
  • CO2 und weitere Schadstoffe werden in sehr sensiblen hohen Luftschichten ausgestoßen. Die Klimawirkungen sind überproportional hoch
  • Während alle anderen Sektoren sich – zumindest in Europa zum großen Teil erfolgreich – darum bemühen, ihren Ausstoß zu verringern, sagen alle Prognosen einen weiter zunehmenden Luftverkehr voraus. Ihr Anteil am Klimawandel wird daher erheblich zunehmen

Hier ein kleiner Beitrag von Dirk Steffens (Wissenschaftsjournalist):
https://www.zdf.de/dokumentation/terra-x/videos/fliegen-ist-schlecht-fuers-klima-100.html

Ein grober Schätzwert für den Ausstoß an Gasen und Partikeln für ein 150-sitziges Reiseflugzeug mit zwei Triebwerken während einer Flugstunde auf Reiseflughöhe im Jahr 2023 könnte wie folgt aussehen:

  • Kohlendioxid (CO2): etwa 6.000 bis 8.000 Kilogramm
  • Stickoxide (NOx): etwa 100 bis 200 Kilogramm
  • Wasserdampf (H2O): etwa 1.000 bis 2.000 Kilogramm
  • Partikel (Ruß, Aerosole): etwa 10 bis 50 Kilogramm

Diese Werte dienen nur als grobe Schätzung und können je nach Flugzeugmodell, Triebwerkstyp und Flugbedingungen, wie Flughöhe, Flugstrecke oder auch wie die Flugrichtung (mit oder gegen den Jetstream), variieren. Die Zahl der jährlichen Flüge nahm in den Jahren vor der Corona-Krise fortlaufend zu – knapp 47 Millionen Flüge gab es in der weltweiten Luftfahrt im Jahr 2019. Im Jahr 2020 ging die Anzahl der weltweiten Flüge aufgrund der Corona-Pandemie allerdings auf etwa 22 Millionen zurück und lag 2022 bei immer noch nur rund 32 Millionen.
(Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/411620/umfrage/anzahl-der-weltweiten-fluege/)

Oder anders ausgedrückt: Es befinden sich ständig eine Millionen Menschen in der Luft.
(https://www.zdf.de/dokumentation/terra-x/millionenstadt-ueber-den-wolken-100.html)

Bisher werden nahezu alle Flugzeuge mit Flugbenzin oder Kerosin betrieben, also mit fossilen Erdölprodukten. Auch die Luftfahrt muss aber ihren CO2-Ausstoß reduzieren. Welche Möglichkeiten gibt es dazu?

  • Technologische Fortschritte (bessere Aerodynamik, leichtere Materialien, bessere Triebwerke) werden dazu genutzt, um die Effizienz von Flugzeugen zu verbessern. Diese Effizienzsteigerung wird aber durch das starke Wachstum zunichte gemacht
  • Alternative Kraftstoffe (elektrische Antriebe, Wasserstoff, Bio- oder synthetische Kraftstoffe) könnten den CO2-Ausstoß verringern. Die Forschung steckt aber noch in den Kinderschuhen und es ist höchstes langfristig mit einer Transformation zu rechnen. Selbst das „Klimaschutz-Portal“ (https://www.klimaschutz-portal.aero/), das vom Bundesverband der Deutschen Luftfahrtindustrie betrieben wird, spricht davon, dass es „noch viele Jahre dauern wird, bis große Passagierflugzeuge ausschließlich elektrisch angetrieben werden können“. Auch Wasserstoff ist keine echte Lösung, weil der ausgestoßene Wasserdampf ebenfalls Klimawirkungen hat. (Hinweis: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/technologie/flugzeuge-luftfahrt-klima-nachhaltigkeit-umwelt-101.html)
  • Auch der „Ablasshandel“ (Kompensation), ist keine Lösung. Kompensation regt nicht dazu an, Emissionen zu vermeiden, denn Klimaneutralität per Knopfdruck geht zwar schnell, ist praktisch und suggeriert: Klimaschädliches Verhalten ist okay, solange man dafür bezahlt und kompensiert, ist aber – selbst wenn es funktioniert – maximal die drittbeste Lösung. Besser ist es, Emissionen gar nicht erst zu produzieren oder zumindest zu reduzieren. Das Motto sollte stattdessen sein: Vermeiden, reduzieren und erst dann kompensieren (https://www.atmosfair.de/de/uebersicht-kompensieren/)

Aus Sicht des Klimaschutzes geht also kein Weg an der Reduzierung des Luftverkehrs vorbei. Dazu gibt es mehrere Wege:

  • Fliegen ist kein Grundrecht, es spricht also nichts dagegen, das Fliegen zu verteuern durch CO2-Abgaben, Kerosinsteuer und Erhöhung der Luftverkehrsabgaben.
  • Förderung alternativer Verkehrsmittel, z.B. den Zugverkehr
  • Regulatorische Einschränkungen bis hin zu Verboten z.B. von Inlandsflügen und Privatjets

Es ist wichtig, dass sowohl Regierungen als auch die Luftfahrtindustrie Verantwortung übernehmen und Maßnahmen ergreifen, um die CO2-Belastung durch Flugzeuge zu reduzieren. Die Auswirkungen des Klimawandels sind bereits spürbar und es ist dringend erforderlich, dass wir handeln, um die negativen Folgen zu begrenzen.

Von Seiten der Politik gibt es da maximal Lippenbekenntnisse. Die NRW-Landesregierung, so Verkehrsminister Oliver Krischer, will die Unternehmen unterstützen, Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel zu ergreifen. Bisher hat man nicht den Eindruck.

Weitere interessante Links:

https://www.deutschlandfunk.de/klimaschutz-im-flugverkehr-100.html

Hintergrund:
Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Klimaschutzgesetz

Der Klimawandel ist ein allgegenwärtiges Thema. Hitzewellen, Dürren, Starkregen: Auch in Deutschland machen sich die Folgen bemerkbar. Und die Kosten, die entstehen könnten, sind gewaltig. Klimaschäden könnten Deutschland bis zum Jahr 2050 bis zu 900 Milliarden Euro kosten, wie eine Studie zeigte.


Umweltminister Oliver Krischer: „Klimakrise wird gravierende Folgen für Mensch, Umwelt und Unternehmen haben“ 29.03.2023

https://www.umwelt.nrw.de/presse/detail?tx_news_pi1%5Bnews%5D=2011&cHash=9463a805dc9d317513d2919d8a430e9c

Bahnbrechendes Klima-Urteil des Bundesverfassungsgerichts

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat am 29. April 2021 mehrere Klimaklagen für teilweise begründet erklärt. Die Klagen waren damit erfolgreich. Der Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV), der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sowie die Einzelkläger der 2018 erhobenen Klage, der 2020 weitere Personen und Verbände mit eigenen Klagen folgten, bewerten das Urteil als einen großen Erfolg.

Das BVerfG erklärt die 1,5-Grad-Grenze des Pariser Klima-Abkommens mit seinem Urteil letztlich für verfassungsrechtlich verbindlich. Die grundrechtliche Freiheit und das Staatsziel Umweltschutz verpflichteten den Gesetzgeber, einen vorausschauenden Plan zu entwickeln, um mit den noch möglichen Restemissionen sorgsam umzugehen. Das sei nicht gewährleistet, wenn keinerlei konkrete Planung für die Zeit nach 2030 stattfinde und überdies fast das gesamte Budget nach der bisherigen Klimapolitik bis 2030 aufgebraucht sein werde. Die Klimapolitik muss also stark beschleunigt werden.

„Das Urteil ist ein Durchbruch“, so Professor Felix Ekardt und die Fachanwältin für Verwaltungsrecht Rechtsanwältin Dr. Franziska Heß, die die Klage vertreten haben. „Erstmals hat eine Umweltklage vor dem Bundesverfassungsgericht Erfolg. Die Politik wird massiv nachbessern und deutlich ambitioniertere Ziele und Instrumente festsetzen müssen. Unsere Klage hat aufgezeigt, dass grundrechtlich Nullemissionen dramatisch früher nötig sind als bisher anvisiert und das Paris-Ziel grundrechtlich verbindlich ist. Zwar hat die Politik demokratische Entscheidungsspielräume. Diese erlauben es verfassungsrechtlich jedoch nicht, die physischen Grundlagen menschlicher Existenz aufs Spiel zu setzen und damit auch die Demokratie zu untergraben. Genau das droht jedoch, wenn die Klimapolitik weiter so unambitioniert bleibt. Für das Klima ist das Urteil allerdings trotz aller Erfreulichkeit noch zu wenig, weil nicht mit der gebotenen Klarheit zeitnahe Nullemissionen eingefordert werden. Ob wir zusätzlich eine Beschwerde zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte einlegen, werden wir prüfen.“

Das Klagebündnis von SFV, BUND und vielen Einzelklägern hatte im November 2018 Verfassungsbeschwerde wegen der völlig unzureichenden deutschen Klimapolitik erhoben, weil diese die Grundrechte auf Leben, Gesundheit, Existenzminimum und Eigentum verletzt. Unter den Einzelklägern sind Prominente wie der Schauspieler Hannes Jaenicke, der ehemalige Bundestagsabgeordnete Josef Göppel (CSU) und der Energieexperte Professor Volker Quaschning von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin. Das BVerfG hat heute zugleich ähnliche Klagen Jugendlicher und Erwachsener aus dem In- und Ausland mit entschieden, die von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) sowie von Germanwatch, Greenpeace und Protect the Planet seit Anfang 2020 erhoben und unterstützt wurden.

Hintergrund:
Die Klage wurde aus Spenden und Eigenmitteln durch den SFV finanziert. Sie wird vertreten von Dr. Franziska Heß, Baumann Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB, und Prof. Dr. Dr. Felix Ekardt von der Forschungsstelle Nachhaltigkeit und Klimapolitik, der die Klage seit 2010 mit mehreren Menschenrechts-Gutachten für den SFV vorbereitet hat. Initiativen wie der Runde Tisch Erneuerbare Energien setzen sich unter Mitwirkung des SFV weiterhin für 100 Prozent erneuerbare Energien bis 2030 ein. Nach der BVerfG-Entscheidung geht es nun auch darum, bei den bevorstehenden Bundestagswahlen auf einen klimapolitischen Richtungswechsel hinzuwirken.

Die insgesamt vier Verfassungsbeschwerden, über die das BVerfG heute geurteilt hat, richten sich unter anderem gegen das 2019 verabschiedete deutsche Klimaschutzgesetz. Kläger*innen und Unterstützer*innen sind Jugendliche und Erwachsene aus dem In- und Ausland, SFV, BUND, DUH, Greenpeace, Germanwatch und Protect the Planet. Mit ihren Verfassungsbeschwerden verleihen sie ihrer Kritik Nachdruck, dass die Ziele und Maßnahmen Deutschlands nicht ausreichen, um ihre Grundrechte wirksam vor den Folgen der Klimakrise zu schützen sowie die Verpflichtungen aus dem Pariser Klima-Abkommen zu erfüllen.

Mehr Informationen (basierend auf SFV-Gutachten): https://www.mdpi.com/2071-1050/10/8/2812/htm

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2021/bvg21-031.html

siehe https://www.baumann-rechtsanwaelte.de/2021/04/29/bahnbrechendes-klima-urteil-des-bundesverfassungsgerichts/