Hintergrund: Angerlandvergleich

Der so genannte Angerland-Vergleich wurde 1965 vor dem OVG geschlossen. Damals stritten die Umlandgemeinden (heute Stadt Ratingen) und der Düsseldorfer Flughafen über den Endausbauzustand und den Betrieb des Flughafens. Der Vergleich enthält Beschränkungen und genaue Vorgaben dazu. Da der Flughafen diese Beschränkungen nicht mehr hinnehmen wollte, hat er den Vergleich 1998 gekündigt.

Diese Kündigung hält das OVG für unwirksam. Zwar haben sich die Verhältnisse seit dem Abschluss des Vergleiches geändert, aber nicht so sehr, dass eine Kündigung gerechtfertigt wäre. Außerdem hat das Gericht der Ansicht des Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand und Energie und des Flughafens widersprochen, dass der Vergleich schon beim Abschluss fehlerhaft war.

Die Stadt Ratingen hatte in einem anderen Verfahren gegen einen Bescheid des Ministeriums gewandt. Dieser war ohne Beachtung des Vergleichs zu Stande gekommen. In diesem Verfahren räumt das OVG die Möglichkeit ein, dass Einzelbestimmungen des Vergleiches den veränderten Verhältnissen angepasst werden können. So könnte der Flughafen eine Anpassung in dem Punkt verlangen, der bei Schlechtwetterlagen den Flugbetrieb auf der Parallelbahn untersagt.

Az.: 20 D 53/99.AK und 20 D 145/97.AK
Quelle: Pressemitteilung des OVG Nordrhein-Westfalen

Der Angerlandvergleich im Detail

Die 2. Start- und Landebahn durfte nur gebaut werden, weil sich der Flughafen, die sog. Angerlandgemeinden und die Landesregierung im Jahre 1965 darauf geeinigt haben, dass:

  • die Parallelbahn eine „Ausweichbahn“ ist,
  • sie nur „in Zeiten der Betriebsunterbrechung der Hauptstartbahn und sonst in den Zeiten des Spitzenverkehrs über Tage betrieben“ werden darf,
  • der damals aufgestellte „Generalausbauplan den Endausbau-Zustand des Flughafens Düsseldorf aufzeichnet“.

Der Angerlandvergleich ist „verbindlich und unkündbar“ und „absichtlich nicht mit Anpassungsklauseln versehen“ (Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 5.9.2002).

Er ist allerdings nach der Meinung des OVG nicht „drittschützend“, d.h. es dürfen sich nur die am Vergleich beteiligten Parteien* darauf berufen.

Was „Ausweichbahn“ heißt, kann man im Abschnitt ‚C. Planungsrecht‘ lesen:
„Die Antragstellerinnen und die Stadt Düsseldorf sind sich darin einig, dass …. wegen des Ausweichckarakters der Parallelbahn …. diese Bahn bei der Berechnung der Lärmschutzzone II nach ihrer Ansicht ohne Berücksichtigung bleiben kann.“

⇒ Die Nutzung der Ausweichbahn soll so gering sein, dass sie keine Auswirkungen auf die Lärmschutzzone haben soll. Dies ist bereits jetzt definitiv nicht der Fall.

Der Angerlandvergleich im Wortlaut

Vergleich a)

1. Teil

A. Generalausbauplan

I. Die Antragstellerinnen stimmten dem Generalausbauplan der beigeladenen DFG zu, wie er sich in dem anliegenden und als Bestandteil des Vergleichs geltenden Plan, Zeichn. N. 306 a, vom 31.3.l965 darstellt und in den Anträgen der beigeladenen DFG vom 29.10..l962 und 21.1.1963 an den Antragsgegner enthalten ist. Die beigeladenen DFG erklärt, daß dieser so bezeichnete Generalausbauplan den Endausbauzustand des Flughafens Düsseldorf aufzeichnet und daß auf eine Erweiterung der Grenzen des Flughafens und eine Erweiterung des Startbahnsystems über diese Planung hinaus verzichtet wird. Das Gleiche gilt für eine Verschiebung der Startbahn.

II. Die beigeladene DFG erklärt: Die im Generalausbauplan in einem Achsabstand von höchstens 500 m von der Hauptstartbahn vorgesehene Parallelbahn ist eine Ausweichbahn, d.h. diese Bahn wird nicht mit den gleichen technischen Einrichtungen wie die Hauptstartbahn versehen (Ausrüstung nur nach Kategorie I, während die Hauptstartbahn nach Kategorie II ausgerüstet wird). Sie wird nur in den Zeiten der Betriebsunterbrechung der Hauptstartbahn und zu den Zeiten des Spitzenverkehrs über Tage betrieben. Die beigeladene DFG erklärt ausdrücklich, daß für diese Bahn ein Brückenbauwerk über die Bundesbahn nicht erforderlich ist.

III. Der Antragsgegner erklärt, daß er keinen Antrag der beigeladenen DFG genehmigen wird, der hinsichtlich eines Ausbaues eines Start- und Landebahnsystems über den Umfang des Generalausbauplans und hinsichtlich des Flughafenbetriebes über die in Ziffer II. getroffene Regelung hinausgeht.

B. Technischer Flughafenbetrieb:

I. Die beigeladene DFG und der Antragsgegner als Luftverkehrsbehörde versichern, daß auch weiterhin das Nachtstartverbot für Düsenflugzeuge (22 Uhr bis 6 Uhr) bestehen bleiben wird. Unbeschadet bleiben Nachtstarts im Linienverkehr gem. Einzelgenehmigung der Luftaufsichtsbehörde sowie Nachtstarts im Luftpostverkehr. Darüber hinaus verpflichtet sich die beigeladene DFG, die nach den jeweiligen Regeln der Technik möglichen Maßnahmen zur Verminderung des Lärms bei Reparaturen von Düsenaggregaten und bei Probeläufen durchzuführen.

II. Die beigeladene DFG und der Antragsgegner verpflichten sich, die Einhaltung der von der Bundesanstaltfür Flugsicherung festgelegten und im Luftfahrthandbuch für Deutschland (AIP), veröffentlichten Abflugwege durch geeignete Kontrollmaßnahmen zu überwachen. Abweichungen werden der Luftahrtaufsichtsbehörde gemeldet. Vor einer Abänderung der festgelegten Abflugwege findet eine Erörterung im „Flughafenbeirat“ (Vgl. unten IV) statt.

III. Die beigeladene DFG erklärt, daß sie die den Flughafen Düsseldorf anfliegenden Flugzeughalter auch in Zukunft anhalten wird, jeden technischen nicht notwendigen Lärm zu vermeiden. Sie verpflichtet sich darüber hinaus, zum Schutze der Bevölkerung des Umlandes vor Lärm alle nach dem jeweiligen Stand der Technik entwickelten Lärmschutzvorrichtungen zu errichten.

IV. Die beigeladene DFG und die Antragstellerinnen bilden einen Beirat, bestehend aus je 3 Personen (Flughafenbeirat). Dieser Beirat soll das gut nachbarliche Verhältnis zwischen den Gemeinden des Amtes Angerland und der DFG fördern und eine Aussprache über gegenseitige Wünsche und Probleme pflegen, er soll insbesondere über die Einhaltung der unter A II, BI, II und III getroffenen Vereinbarungen wachen. Der Beirat tagt zweimal jährlich, und zwar in den Monaten April und Oktober. Zu den Sitzungen des Beirates sind je ein Vertreter der Stadtverwaltung Düsseldorf und der Verwaltung des Landkreises Düsseldorf-Mettmann zu laden. Der Vorsitz wechselt jährlich zwischen einem Geschäftsführer der DFG und dem Amtsdirektor des Amtes. Die Erweiterung des Beirates durch Vertreter weiterer Anliegergemeinden erfolgt im gegenseitigen Einvernehmen, dabei soll jedoch die Parität gewahrt bleiben. Der Antragsgegner kann an den Sitzungen des Beirates teilnehmen.

C. Planungsrecht

Die Antragstellerinnen und die Stadt Düsseldorf sind sich darin einig, daß – unbeschadet einer Entscheidung des Ministers für Landesplanung, Wohnungsbau und Öffentliche Arbeiten darüber, ob die vorläufige Baubeschränkung in der sog. Lärmzone II überhaupt im Bereich des Flughafens aufrechterhalten werden soll – wegen des Ausweichcharakters der Parallelbahn, wie er unter A II zum Ausdruck gebracht ist, diese Bahn bei der Festlegung der Lärmzone II nach ihrer Ansicht ohne Berücksichtigung bleiben kann und daß dementsprechend die entgegenstehenden Erlasse und Verfügungen abgeändert werden sollten. Die Antragstellerinnen und die Stadt Düsseldorf verpflichten sich daher, sich bei den zuständigen Behörden für die notwendigen Erklärungen und Verwaltungshandlungen einzusetzen.

2. Teil:

Durch die vorstehenden Vereinbarungen sind die Beteiligten nunmehr zu der Auffassung gekommen, daß die Durchführung der vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf und dem Oberverwaltungsgericht Münster anhängigen Verwaltungsstreitverfahren sich somit erübrigt. Die Antragstellerinnen ziehen ihre Anträge (A L 16 / 64) und Klagen (4 K 172 / 64) beim OVG Münster und VG Düsseldorf zurück. Wegen der Kosten wird folgendes vereinbart:

Die Gerichtskosten werden zur Hälfte von den Antragstellerinnen, zur anderen Hälfte von der beigeladenen DFG getragen; außergerichtliche Kosten trägt jede Partei selbst.

……………………………………..

Vergleich b)

I. Die Stadt Düsseldorf und die beigeladene DFG beabsichtigen, für die Durchführung der Baumaßnahmen südöstlich des Flughafengeländes eine größere Fläche zu entsanden. Diese Fläche unterliegt derzeit einer vom Rat der Gemeinde Wittlaer am 9.7.1964 erlassenen Veränderungssperre. Die Antragstellerin zu 6) verpflichtet sich, die Veränderungssperre entsprechend der Planskizze, die als Anlage 1 Bestandteil dieses Vergleichs ist, aufzuheben und die Gelände in dem in Vorbereitung befindlichen Flächennutzungsplan als Auskiesungsgebiet auszuweisen, mit der Einschränkung, daß der vorhandene Waldbestand nicht wesentlich angegriffen wird. Die Antragstellerin zu 6) wird sich bemühen, die von den Fachbehörden (Naturschutzbehörde und Wasserbehörde) geltend gemachten Bedenken auszuräumen und sich für die notwendigen Genehmigungen einzusetzen.

II. Die Antragstellerin zu 6) stimmt der Planung der Stadt Düsseldorf auf Anlegung des Nordfriedhofs im Ortsteil Kalkum zu. Die Lage des Friedhofs ergibt sich aus der Anlage 2 , die Bestandteil des Vergleichs ist. Die Antragstellerin zu 6) leitet auf Antrag der Stadt Düsseldorf, der innerhalb von 2 Jahren gestellt werden kann, unverzüglich die Ausweisung des Geländes als Friedhof ein. Sie wird sich bei den entsprechenden Fachbehörden für die erforderlichen Genehmigungen einsetzen.

III. Die Antragstellerin zu 6) und die Stadt Düsseldorf vereinbaren, daß die Antragstellerin zu 6) den in ihrem Eigentum befindlichen und im Flughafenbereich liegenden Grundbesitz an die Stadt Düsseldorf verkaufen, und zwar zu einem Preis von 20,00 DM je qm. Den Parteien ist die Lage und das Ausmaß dieses Grundbesitzes bekannt.

IV. Die Stadt Düsseldorf zahlt an die Antragstellerin zu 6) einen Betrag von 500.000, – DM in Hinblick auf die Anlegung des Friedhofs spätestens ein Jahr nach rechtskräftiger Ausweisung des Friedhofes. Außerdem werden die Stadt Düsseldorf und die Antragstellerin zu 6) nach Anlegung des Friedhofes wegen des laufenden Ersatzes des der
Antragstellerin zu 6) entstehenden Verwaltungsaufwandes eine Vereinbarung treffen.

V. Die Stadt Düsseldorf verkauft der Antragstellerin zu 6) aus ihrem landwirtschaftlichen Besitz im Gemeindegebiet Wittlaer 80 Morgen Land zum Preise von 12.000, – DM je Morgen; das Auswahlrecht steht der Antragstellerin zu 6) zu, wobei Bauland und Wald ausgeschlossen sind.

VI. Die im Vergleich a) geschlossene Kostenregelung gilt entsprechend auch für den Vergleich b).

Beglaubigt
Münster (Westf.), den 23. Mai 1965
gez. Sommer , Verwaltungsgerichtsangestellter
als Urkundbeamter der Geschäftsstelle

Siegel:
Oberverwaltungsgerich
des Landes Nordrhein-Westfalen