Medien- und Politik-Info 23.05.2023

Bürger gegen Fluglärm zweifeln an Änderung des Flughafenantrages

Der Flughafen Düsseldorf hat vollmundig erklärt, seinen Antrag auf Betriebserweiterung zurückziehen zu wollen, nur um kurze Zeit später zu relativieren, es gehe nur um die Gesamtanzahl der Flüge, die Beantragung der Erweiterung der stündlichen Flüge bleibe bestehen. Die Bürger gegen Fluglärm bezweifeln, dass es sich um eine „wesentliche“ Änderung des Antrages handelt und fordern eine zügige Ablehnung des Antrages, verbunden mit einer Verschärfung der Nachtflugbestimmungen.

Am 5. Mai platzte die Nachricht in die Medien, der Flughafen wolle seinen Antrag auf mehr Flugbewegungen zurücksiehen (siehe z.B. airliners https://www.airliners.de/flughafen-uesseldorf-antrag-flugbewegungen-ueck/68716). Kurze Zeit später wurde relativiert: man ziehe nur die (niemals in diesem Planfeststellungsverfahren beantragte) Zahl der in den 6 verkehrsreichsten Monaten erlaubten Flüge zurück, alles andere bleibe bestehen, vor allem die beantragten (völlig illusorischen und für die Anwohner insbesondere in den Tagesrandzeiten absolut nicht akzeptablen) 60 FB/h in den Spitzenstunden. Offenkundig hat der Flughafen Wind davon bekommen, dass eine Genehmigung mit erheblichen Nachteinschränkungen bevorsteht.

Die Bürger gegen Fluglärm bezweifeln, ob es sich beim dem „Rückzug“ des Planfeststellungsantrages wirklich um eine „Änderung des Antrags“ handelt, und wenn ja, ob diese Abänderung so erheblich ist, dass sie eine erneute, jahrelange Prüfung und ein Fortbestand der völlig überholten, längst änderungsbedürftigen Nachtflugregelungen bis zu einem neuen Planfeststellungsbeschluss rechtfertigt. Ihr Rechtsanwalt, Prof. Sommer aus Berlin sagt dazu:

Wenn das Verkehrsministerium Änderungen an den NFB anlässlich der beantragten Planfeststellung für möglich hielt, ändert sich daran etwas, wenn der Antrag geändert wird? Das ist nach den vorliegenden Informationen nicht sehr wahrscheinlich.Grundsätzlich hat die Luftverkehrsbehörde die Möglichkeit, die Nachtflugbeschränkungen aus Anlass einer aktuellen Entwicklung zu verschärfen – auch unabhängig vom Planfeststellungsantrag und dem weiteren Verlauf eines Planfeststellungsverfahrens. Die Darlegung, dass die Belastungssituation schon heute kritisch ist und bei einem Anstieg auf (nur) 70 % des Verkehrsaufkommens von 2019 noch deutlich kritischer würde, könnte Anlass zur Prüfung sein. Auf der anderen Seite sind dabei die Vorgaben der geltenden Nachtflugregelungen und evtl. dadurch begründeter Vertrauensschutz angemessen zu berücksichtigen. Auf Entwicklungen der Nachtflugzahlen, die in den geltenden Nachtflugregelungen nicht vorhergesehen wurden, kann sich ein Vertrauensschutz dann kaum stützen.

Wenn es sich nicht um eine (wesentliche) Änderung des Planfeststellungsantrages handelt, dann steht aus Sicht der Bürger gegen Fluglärm einer Ablehnung des ursprünglichen Antrages nebst (der längst überfälligen) Verschärfung der NFB nichts im Wege.

Wenn es doch eine wesentliche Änderung ist: Lassen sich die NFB nicht unabhängig von einem PFB ändern? Dann aber gilt: es gibt kein einziges belastbares Argument dagegen, dass jeder (!), der nach 22 Uhr starten bzw. nach 23 Uhr landen will, die Luftaufsicht fragen muss. (heute wird die „off-block“-Regelung bei Starts oft für ein Starten bis um 22:30 und später mißbraucht, und bei Landungen müssen die sog. „Home-Base-Carrier“, also alle deutschen Fluggesellschaften, bis Mitternacht nicht einmal fragen oder Gründe angeben). Das ist eine Regelung, die für die Anwohner schlechter ist als in Frankfurt, dem dreimal größeren und wichtigeren Flughafen, der obendrein auch noch reinen Cargo-Verkehr hat. Das Beispiel Frankfurt zeigt aber, dass das Geschrei groß ist, hier bei einer drastischen Verschärfung von Verkehr rund um die Uhr auf Nachtruhe 23-5 Uhr, dies aber nach kurzer Umgewöhnungszeit akzeptiert wird, auch von LH Cargo. Wir sprechen in Düsseldorf davon, dass die zwei scheunentorartigen Hintertüren geschlossen werden sollen, die zu den viel zu „ehrgeizigen“ Planungen der Airlines führen. Man nimmt billigend in Kauf, dass man erst nach 23 Uhr wird landen können, und wenn dann zwei der vielen Rädchen im System blockieren, dann wird es eben auch mal kurz vor oder eben nach Mitternacht. Der Hamburger Senat schöpft diese zusätzlichen Gewinne der Airlines gnadenlos ab und sorgt so für eine strikteren Umsetzung der Regeln. Statt dessen werden in Düsseldorf die Anwohner von Jahr zu Jahr vertröstet, die Situation ist bereits schon wieder schlimmer als vor Corona: In den Osterferien beispielsweise gab es mehr verspätete Nachtflüge als 2019, und das bei 70% des Verkehrs von 2019.

Der neue Flughafen-Chef Lars Redeligx entpuppt sich als Hütchen-Spieler: In einem Interview mit airliners (https://www.airliners.de/beantragen-ausweitung-stundeneckwerts-uesseldorf/68791)  behauptet Redeligx, der Flughafen hätte „eine der restriktivsten Betriebsgenehmigungen in Deutschland“. Das ist falsch, denn die Verspätungs- und Ausnahmeregelungen sind wachsweich. Zudem liegt der Flughafen Düsseldorf in einer dichtbesiedelten Region und ist lauter als jeder andere Flughafen in Deutschland. Schon in Ratingen und Büderich ist es genauso laut wie an der lautesten Messstelle in Frankfurt, in Lohausen ist es viel lauter.

Wenn Redeligx im selben Interview behauptet, „wir beantragen jetzt, dass wir Stunden für die Nutzung der zweiten Bahn quasi in ein Sparschwein stecken dürfen und später nutzen können“, dann ist das irreführend, denn genau das stand auch schon in dem ursprünglichen Antrag und ist aus Sicht der Bürger gegen Fluglärm nicht mehr konform zum Angerlandvergleich, wie von ihm behauptet. Wenn er die Änderungen dann noch lobt, die Anwohnerinitiativen hätten „sich in einer ersten Reaktion sehr positiv geäußert“ dann ist das grob unlauter, denn zu diesem Zeitpunkt sind die Anwohner noch davon ausgegangen, dass der gesamte Antrag ersatzlos zurückgezogen würde.

Dabei hat der Flughafen lediglich auf etwas „verzichtet“, was er selber als nicht benötigt klassifiziert, denn in den letzten Gutachten ist er bereits von nur noch 129.500 Flugbewegungen in den 6 verkehrsreichsten Monaten ausgegangen. Bereits heute sind ja 131.000 FB/6 Monate genehmigt. Schon dies war weder Angerland-Vergleichskonform noch im Sinne des Planfeststellungsbeschlusses für den Bau der „parallelen Ersatzbahn“: Dort wurden 35 FB/h und 71.000 gewerbliche Flugbewegungen in 6 Monaten erlaubt, da „durch die Anlage der Parallelbahn entstehende zusätzliche Kapazität hinsichtlich des Bezugszeitraums „sechs verkehrsreichste Monate des Jahres“ überhaupt nicht und hinsichtlich des Bezugszeitraumes „Stunde nicht für zusätzliche flugplanmäßige Flüge ausgenutzt werden darf“ (aus dem Planfeststellungsbeschluss 1983).

Daraus folgt: man hat sich bereits 50% Mitnutzung der „Ersatz“-Bahn, 43 bzw. 47 FB pro Stunde und 131.000 FB in den sechs verkehrsreichsten Monaten erschlichen, aber das reicht dem Flughafen Nimmersatt nicht. Die 60 FB/h sind illusorisch, weil Ex-FlughafenChef Schnalke selbst von max. machbaren 54 FB/h sprach. Auch dies kann – wie alles – bewiesen werden. Man beantragt also mehr als man realistisch zu bekommen hoffen darf, damit man hinterher – vermeintlich schwer enttäuscht –  jammern kann, was man alles nicht bekommen habe.

Hintergründe zu den Erweiterungsplänen finden Sie hier in einem Video

weitere Informationen:

Flughafen Düsseldorf täuscht über seine wirklichen Ziele: Erweiterung auf 60 Flüge pro Stunde soll doch bleiben

Rücknahme der Erweiterungspläne des Flughafens Düsseldorf muss differenziert betrachtet werden

Großer Erfolg der Anwohner, des Städtebündnisses und der Bürger-Initiativen