Medien- und Politikinfo 22.04.2025

Bürger gegen Fluglärm fordern, die schrittweise Aushöhlung des Angerlandvergleichs zu stoppen.

Am Ostersonntag veröffentlicht der Branchendienst aero-Telegraph die wiederholt vorgetragenen Wünsche des Flughafens Düsseldorf nach flexiblerer Nutzung der beiden Start- und Landebahnen. Die Bürger gegen Fluglärm widersprechen diesem Wunsch in dieser Form vehement. Im Antrag zu dem immer noch laufenden Planfeststellungsverfahren vom Frühjahr 2015 (!) war dieser Wunsch ebenfalls enthalten, dort allerdings mit dem Verrechnungszeitraum eines ganzen Jahres, der die wahren Absichten entlarvt.

Hierzu Christoph Lange, Vorsitzender der anerkannten Umweltvereinigung Bürger gegen Fluglärm e.V.: „Die als „unsinnig“ bezeichnete Aufteilung der 112 Wochenstunden am Tag auf 56 Stunden mit Nutzung beider Bahnen und 56 Stunden Nutzung nur der Hauptbahn ist die Folge des vom Flughafen freiwillig abgeschlossenen, lt. OVG Münster „gültigen, unkündbaren und absichtlich nicht mit Anpassungsklauseln versehenen“ Angerland-Vergleichs. Ohne diesen Vergleich hätte der Flughafen nur die Hauptstart- und -landebahn, die lt. Planfeststellungsbeschluss gebaute Ersatzbahn darf nicht zu mehr Flugbewegungen genutzt werden (PFB Ersatzbahn 1983). Aber genau das, was der Vergleich und der Planfeststellungsbeschluss ausschließen sollte, ist eingetreten: der Flughafen wollte und will immer mehr.“

Das Problem ist nicht die zeitweise Sperrung der zweiten Start- und Landebahn, denn sie sollte lt. Angerlandvergleich eigentlich nur als Ersatzbahn (wenn die Hauptbahn gesperrt ist) und für „Spitzenzeiten“ (!) genutzt werden, sondern viel zu eng geplante Umläufe (also der Wiedereinsatz eines Flugzeugs für den nächsten Flug) und zu viele geplante Starts und Landungen über die Kapazitäten des Flughafens und des Luftraums hinaus. Die Ersatzbahn wird aber schon jetzt in der Hälfte der Stunden voll eingeplant, und es soll noch mehr werden.

Nach wütenden Protesten wurde der Verrechnungszeitraum schnell auf eine sog. „Flugplanperiode“ begrenzt, also auf den Zeitraum von Ende März bis Ende Oktober. Dass allerdings eine z.B. im April eingesparte Stunde eher dazu führt, im August oder Oktober noch mehr Flüge abwickeln zu können und nicht zum Verspätungsabbau genutzt wird, ist offensichtlich. Lange: „Vertretbar wäre maximal ein Verrechnungszeitraum von einer Woche. Kurzfristige Störungen können in dieser Zeit immer ausgeglichen werden.“

Hinzu kommt: der Flughafen behauptet ja immer, an den Verspätungen gar nicht schuld zu sein. Wie also soll ein aus externen Gründen (wie z.B. Wetter, fehlende Lot-sen usw.) verspäteter Flug dann mit weniger Verspätungen in Düsseldorf landen, wenn dann mit den angesparten Stunden zwei Bahnen statt nur einer zur Verfügung stehen? Da helfen auch noch so viele Landebahnen nicht.

Zudem darf ab 22 Uhr die Ersatzbahn ohnehin nicht genutzt werden. Es kommt den Betroffenen v.a. darauf an: sie wollen ein- und durchschlafen können, nicht bis Mitternacht wachliegen, um mit nur sechs Stunden Nachtruhe ihre Gesundheit zu riskieren. Hier wäre eine Reduzierung der in der 1. Nachtstunde planbaren Landungen von derzeit 33 auf die vor 2005 geltenden, völlig ausreichenden 25 Landungen sowie eine Verschärfung der Nachtflug-Bestimmungen weit wirksamer“.

Warum aber wehrt sich der Flughafen so vehement gegen klarere Regeln, die allen Beteiligten zu Gute kommen würden? Passagiere wären früher daheim, würden noch Bus und Bahn erwischen (sofern sie nicht Stunden aufs Gepäck warten müssen), Mitarbeiter müssten nicht nahezu jede Nacht bis 0 Uhr auf die letzte Maschine warten, und die Zigtausenden von Anwohnern von Essen bis Mönchengladbach kämen ih-rem erklärten Ziel einer dauerhaften Nachtruhe von 22 bis 6, am Wochenende 7 Uhr, ein Stück näher. Die Absicht ist entlarvt, man will mit der Flexibilisierung noch mehr Flüge abwickeln, und dies angesichts der beschämend niedrigen Nutzungsquote des derzeit Erlaubten (ca. 70% dessen was vor Corona flog) wohl v.a. in den Ferien und den Randzeiten, bzw. in der Nacht.

Dazu Georg Regniet, der für Bürger gegen Fluglärm alle Flugbewegungen am Flughafen Düsseldorf dokumentiert und alle Verspätungen analysieren kann (ehemaliger Verkehrsminister Oliver Wittke: „Düsseldorf ist der bestkontrollierteste Flughafen Deutschlands“; 700 Zuhörer: „richtig, aber nicht von Ihren Leuten“): „Wenn der Flughafen wirklich Verspätungen verringern will, dann muss er zu aller erst einmal einer Verschärfung der viel zu laxen Nachtflugregeln zustimmen. Warum sollte nicht jeder Start nach 22 Uhr und jede Landung nach 23 Uhr erlaubnispflichtig sein? Liegt ein nachvollziehbarer Grund vor, macht das wenig Arbeit. Wenn nicht, dann muss die Airline halt einmal die hohen Kosten einer Umleitung tragen, dies ist heute schon ab Mitternacht so geregelt und hat eine große erzieherische Wirkung, wie auch das Beispiel des weit größeren und wichtigeren Flughafens Frankfurt beweist. Wir fordern also lediglich, die bestehende Regel um eine Stunde vorzuziehen Wer da etwas dagegen hat, entlarvt sich selbst.“

Abschließend Christoph Lange: „Trotz aller Bedenken glauben wir, dass die Anwohner einer zielgerichteten Flexibilisierung mit einer Verrechnung über eine Woche, von Montag bis zum Folgesonntag, zustimmen könnten, wenn vorher oder gleichzeitig die Nachtflugregeln verschärft werden. Davon würden, wie es im Artikel heißt, dann wirklich ‚alle profitieren‘. Die vorherige Geschäftsführung des Flughafens fiel bei diesem Vorschlag fast vom Stuhl – offenbar weil sie die Flexibilisierung v.a. für noch mehr zu planende FB nutzen wollte.

Wir sind gespannt, wie das neue Führungsduo dazu steht, fürchten aber, dass zum x-ten Mal die Phrasen von der „wirtschaftlichen Bedeutung der Stunde 23-24 Uhr“ und der „Abwanderungsgefahr“ gedroschen werden. Wie kann das Ausnutzen der viel zu großem Hintertürchen einer Betriebsgenehmigung über das Wohl und Wehe des Flughafens entscheiden? Und wohin bitte sollen denn die Airlines wie Eurowings, TUIfly und Condor, die die zu laxen Regeln weidlich ausnutzen, abwandern? Wenn man wirklich für beide Seiten, also endlich auch einmal etwas für die leidgeprüften Anlieger tun will, dann stimmt man einem Gesamtpaket zu und pickt sich nicht nur die Rosinen aus dem inzwischen völlig ausgehöhlten Angerland-Vergleich-Kuchen.“

Wie immer gilt: Verkehrs- und Umweltminister Oliver Krischer (B90/Grüne) ist am Zug. Die Zeiten roter, gelber und schwarzer Verkehrsminister mit einem „Wünsch-Dir-Was“ für den Flughafen sind hoffentlich vorbei. Die Anwohner werden sich zu wehren wissen.

Den vollständigen Artikel aus aeroTelegraph finden Sie hier: Wie eine 60 Jahre alte Regelung Verspätungen am Flughafen Düsseldorf verstärkt

Weitere Informationen zum Angeland-Vergleich und den Original-Text finden Sie hier: „Hintergrund: Angerlandvergleich“

Und zum Planfeststellungsverfahren insgesamt hier: Erweiterungsverfahren des Flughafens Düsseldorf