Medien- und Politikinfo

Offener Brief an Verkehrsminister Krischer: Kapazitätserweiterung jetzt stoppen

Aktualisierung 19.01.2023: Nachdem im Herbst nahezu täglich über die katastrophalen Zustände am Flughafen Düsseldorf in der Presse berichtet wurde und sich selbst Wirtschaftsvertreter kritisch äußerten, wandte sich die Aktionsgruppe Essen der Bürger gegen Fluglärm noch einmal direkt an Verkehrsminister Oliver Krischer, den Antrag zur Kapazitätserweiterung endgültig abzulehnen und die Nachtflugbestimmungen deutlich zu verschärfen. Nach über drei Monaten hat er nun geantwortet.

Darin zeigt Herr Krischer zwar Verständnis für unsere Kritik, schiebt die Verantwortung aber letztlich dem Bundesverkehrsministerium zu. Und da wo er zuständig ist, äußert er sich nicht inhaltlich.

Hier der Wortlaut des Offenen Briefes:

Sehr geehrter Herr Verkehrsminister Oliver Krischer,

nahezu täglich berichten z.B. die Rheinische Post oder auch die WAZ über die nach wie vor unhaltbaren Zustände am Flughafen Düsseldorf. Jetzt melden sich auch Wirtschaftsvertreter zu Wort. Wie die Rheinische Post, am 27. September und 1. Oktober berichtet, ist die Wirtschaft frustriert über die Zustände am Flughafen Düsseldorf. Gregor Berghausen, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Düsseldorf beklagt sich: „Die langen Warteschlangen und die immer neuen Probleme bei der Gepäckausgabe sind für den Standort Düsseldorf und NRW problematisch. Es muss sich etwas ändern“. Auch der Vorstandsvorsitzende des Düsseldorfer Versicherungskonzerns Ergo spricht von „katastrophalen Zuständen“, die dem Unternehmen „viel Zeit und Geld kosten“.

Damit bestätigen zum ersten Mal Wirtschaftsvertreter unsere Analyse: Jeden Flug auf Teufel komm raus abwickeln zu wollen ohne auf die vorhandenen Kapazitäten zu schauen, kann nicht im Interesse der Wirtschaft am Standort Düsseldorf sein. Zumal die zusätzlichen Flüge quasi-ausschließlich über Billigflüge zu Warmwasserzielen angeboten werden.

Die forcierten Low-Cost Entwicklungen der letzten Jahre am Flughafen Düsseldorf haben nicht nur zu einer massiven Verschiebung von guten Arbeitsplätzen in Richtung prekäre Subunternehmer-Jobs geführt, sondern auch zu einem dramatischen Anstieg der Verspätungen und der benötigten Zeit vor dem Boarding sowie nach der Ankunft. Für die Firmen der Region bedeutet das in erster Linie verlorene Reisezeit-Stunden mit den damit verbundenen Kosten, verpasste Termine beim Kunden und zusätzliche Belastungen für die Mitarbeiter.

Die Behauptung des Flughafens, eine Erweiterung der Betriebsgenehmigung würde diese Probleme lösen, halten wir für absurd. Die massiven Probleme, die der Flughafen erleidet, finden nicht auf dem Vorfeld statt. Ganz im Gegenteil, mit einer Erweiterung der Betriebsgenehmigung dürfen dann noch mehr Flüge geplant werden, demgegenüber steht eine seit Jahren hoffnungslos überlastete Infrastruktur und Personaldecke. Die Konsequenzen waren vorhersehbar. Nun liegt die Bestätigung vor.

Wir fordern daher erneut, die Anzahl der Starts und Landungen so lange zu deckeln, bis eine ordnungsgemäße Abwicklung sicher gewährleistet ist. Dies wird an anderen Flughäfen, z.B. Frankfurt, Amsterdam oder London, erfolgreich praktiziert.  Und selbst, wenn die Personalengpässe irgendwann einmal behoben sein sollten, würde eine Kapazitätserweiterung, wie sie der Flughafen Düsseldorf nach wir vor plant und beantragt hat, zu neuen Engpässen führen. In vielen Tausend Einwendungen der Anwohner und mehreren Gutachten wurde gezeigt, dass die Infrastruktur des Flughafens nicht auf noch mehr Passagiere ausgelegt ist. Einmal abgesehen davon, dass eine Erweiterung nicht zu den Klimazielen des Landes passt.

Sehr geehrter Herr Verkehrsminister Krischer, der Antrag auf Betriebserweiterung des Flughafens Düsseldorf muss daher zwingend abgelehnt werden, und zwar jetzt! Darüber hinaus müssen die Verspätungen und vor allem die Nachtflüge dringend reduziert werden. Schaffen Sie endlich die zahlreichen Ausnahmetatbestände der Nachtflugbestimmungen ab!

Mit freundlichen Grüßen

Aktionsgruppe Essen des
Bürger gegen Fluglärm e.V.

Antwort des Ministers für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen, eingegangen am 18.01.2023:

Sehr geehrte Damen und Herren,

herzlichen Dank für Ihr Schreiben vom 3. Oktober. Ich teile Ihren Unmut über die aktuellen Zustände bei der Passagier- und Gepäckkontrolle am Flughafen Düsseldorf, insbesondere zu Ferien­zeiten. Die Ursachen dafür sind vielfältig, und ich habe auch Verständ­nis für die Kritik der im Brief zitierten Vertretungen der Düsseldorfer Wirt­schaft.

Ich habe ein hohes Interesse daran, die Verantwortlichen darin zu unter­stützen, das System der Sicherheitskontrollen an den Flughäfen zu re­formieren. Das Thema habe ich zuletzt an diesen Tagen auf der Ver­kehrsministerkonferenz eingebracht und bin mir der Unterstützung der Kolleginnen und Kollegen sicher. Wir wollen, dass die Bundesregierung den schon lange bestehenden Reformstau abarbeitet. Ich unterstütze unseren Flughafen hier in Düsseldorf in seinem Interesse, die Personen- und Gepäckkontrollen eigenverantwortlich zu organisieren.

Natürlich blieben auch bei einer Übertragung des sog. „Frankfurter Modells“ ho­heitliche Aufgaben der engeren Gefahrenabwehr bei der Bundespolizei. Aber ich bin zuversichtlich, dass der Flughafen anstrebt, vieles, was jetzt nicht rund läuft, etwas bedarfsorientierter zu organisieren. Wir verspre­chen uns davon kürzere Entscheidungswege, schnellere Reaktionsmög­lichkeiten und einen bedarfsgerechteren Personaleinsatz. Parallel bin ich in Kontakt mit den Flughafen, um Wege zu ebnen, die aktuelle Situa­
tion kurzfristig zu verbessern. Es finden Überlegungen auch mit dem Bundesinnenministerium sowie den Arbeits- und Sozialministerien von Bund und Ländern statt, um gemeinsam eine gute Lösung zu finden.

Das Planfeststellungsverfahren zur Kapazitätserweiterung des Flugha­fens Düsseldorf ist hiervon zu trennen. Mein Flaus als verantwortliche Planfeststellungsbehörde muss über den Antrag allein nach Maßgabe der Fachgesetze entscheiden. Hierbei gilt es, im Rahmen der rechtli­chen Vorgaben für die widerstreitenden Interessen von Bürgerinitiativen, Anrainergemeinden, Verbänden und Unternehmen eine tragfähige Lö­sung zu finden. Der damit verbundenen hohen Erwartungen aller Betei­ligten bin ich mir bewusst. Ich bitte jedoch um Ihr Verständnis, mich vor dem Erlass einer abschließenden Sachentscheidung nicht zu möglichen
Inhalten äußern zu können.

Mit freundlichen Grüßen

Oliver Krischer