Medien- und Politikinfo 07.11.2020

Steuerfinanzierte Hilfen nur mit Auflagen und nachhaltigem Nutzen für alle!

Auf dem Luftverkehrsgipfel am Freitag wurden zwar keine konkreten Hilfen beschlossen, Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) plant aber Milliardenhilfen für den Luftverkehr. Konkrete Pläne gibt es noch nicht, genauso wenig wie einen politischen Konsens. Aus Sicht der BÜRGER GEGN FLUGLÄRM, Steuerzahlern sowie Fluglärm- und Abgas-Betroffenen, gilt:

Wer Steuermilliarden ausgibt, muss Folgendes beachten:

1. Es muss ein nachhaltiger Nutzen für alle Beteiligten nachgewiesen und kontrolliert werden. Der Begriff der „Förderung des Allgemeinwohls“ muss konkreter gefasst werden als bei vielen Infrastrukturprojekten, die sich oft genug nur wegen der Unfähigkeit und/oder Unwilligkeit der Behörden, dies objektiv zu prüfen, verzögern und zu Streitigkeiten führen. Diese Beteiligten sind:

  • Die Arbeitnehmer im Luftverkehr: es müssen Arbeitsplätze gesichert werden und eine Ausbeutung z.B. a la Ryanair muss verhindert werden. Wer „Arbeit“ schützen will, greift besser direkt dort ein, z.B. durch die Teil-Übernahme von Arbeitgeberanteilen als darauf zu hoffen (!), dass – wie bei der Mehrwertsteuersenkung – mehr Nachfrage die Arbeitsplätze sichert. Wer kauft eine Hose, weil sie statt 119,- jetzt 116,- € kostet, oder wer kauft 2 Kilo Bananen, weil das Kilo statt 1,07 jetzt nur noch 1,05 € kostet?
  • Die Passagiere, die wohl für ihre Steuergelder erwarten dürfen, dass mehr auf Sicherheit (knallvolle Flughafen-Busse während Corona??) und Verlässlichkeit (Verspätungen, Erstattungsansprüche) geachtet wird.
  • Die Anwohner, die endlich Nachtruhe von 22-6, am Wochenende 7 Uhr und Gesundheit erwarten dürfen, weil sie den Luftverkehr durch ihre Steuergelder, aber auch durch eine Vielzahl staatlicher Subventionen unterstützen, die Prof. Thießen von der TU Chemnitz gerade in einem Gutachten für die Bundesvereinigung gegen Fluglärm (BVF) dargelegt hat:
    https://www.fluglaerm.de/luftverkehrspolitik-nach-corona-eine-strategietagung-der-bundesvereinigung-gegen-fluglaerm-e-v-2/

Jedes andere Wirtschaftsunternehmen muss auch mit Öffnungszeiten zurechtkommen, und warum nimmt sich der Flughafen Düsseldorf das „Recht“ heraus, die Anwohner nahezu jede Nacht gesundheitlich zu gefährden? Warum sind die Anwohner hier schlechter gestellt als z.B. in Frankfurt? Warum glauben viele Politiker, dass Nachtflüge unvermeidbar seien? Warum wird die Gefahr, die von ultrafeinen Partikeln ausgeht, nicht untersucht? Werden weiterhin grundwassergefährdende Stoffe eingeleitet? Was ist mit der Klimaverträglichkeitsprüfung des Antrags?

2. Es kann nicht sein, dass die privaten Eigner des Flughafens Düsseldorf über Jahre hinweg Hunderte von Millionen Euro Gewinne entnehmen und dann nach staatlicher Hilfe rufen, wenn es mal nicht mehr so gut läuft. Hier muss es strenge Auflagen für diese Hilfe geben, deren Einhaltung – anders als bisher üblich – auch zu kontrollieren ist:

  • Kein unkontrolliertes, ruinöses Wachstum nur bei Billigfliegern und Kurzstrecken.
  • Sofortige Ablehnung des schon vorher völlig unnötigen, unbegründeten Genehmigungsantrags auf noch mehr Flugbewegungen. Alle Prognosen sagen: der Luftverkehr kann froh sein, wenn er 2030 wieder das Niveau „vor Corona“ erreicht. Warum dann 30% mehr Flüge, Lärm und Abgase? Wer soll die neuen slots denn kriegen, jetzt wo Ryanair und Easy Jet weg sind?
  • Sofortige Streichung der unseligen, zum Missbrauch einladenden Nachtflugbestimmungen. Wer Verspätungen braucht, um Gewinne zu machen, hat entweder eine völlig falsche Preispolitik oder sitzt am völlig falschen Standort. Wenn der Flughafen Düsseldorf langfristig und nachhaltig erfolgreich sein will, dann muss er den Hunderttausenden von durch Fluglärm und Abgase gefährdeten Anwohnern endlich durch Taten, nicht Worten entgegenkommen.

3. Wenn man Milliardenhilfen mit der Gießkanne ausschüttet, dann muss man sich nicht wundern, dass die Kanne schnell leer ist und zu wenig Wasser bei den „Nutzpflanzen“ ankommt. Es kommt also wesentlich auf die Verteilung von Hilfsgeldern an, und natürlich auch die angesprochenen Auflagen.

So könnte z.B. eine Hilfe für den Flughafen Düsseldorf, die sich an früheren Verkehrszahlen orientiert, dazu führen, dass Düsseldorf noch mehr Verkehr von den anderen, nicht oder überproportional geringer bedachten Flughäfen abzieht. Dies war bei Air Berlin zu beobachten, die erst nach den fragwürdigen Aufstockungen in Düsseldorf ihre Jets aus Münster und Paderborn abzogen, dies war bei Germania ähnlich und zuletzt wurden Ryanair-Jets von Weeze nach Düsseldorf verlagert. Mit dem neuen Antrag will der Flughafen Düsseldorf diese vier anderen NRW-Airports ausradieren, die Hilfen wären dann verloren. Was aber macht es für einen Sinn, vier Flughäfen zu schließen, wenn man sie spätestens beim erneuten Erreichen der Kapazitätsgrenzen in Düsseldorf doch benötigt? Warum will man diesen aus leicht durchschaubaren, privaten betriebswirtschaftlichen Interessen längst begonnenen Verdrängungsprozess noch forcieren, indem man dem, der schon vorher durch die Luftverkehrspolitik des Landes bevorteilt wurde und auch die daraus resultierenden vielen Gewinne der letzten Jahre an die privaten Eigner ausgeschüttet hat, so viel mehr zuteilt? Wenn jemand argumentiert, dass der Flughafen Paderborn schon vor Corona fast insolvent gewesen sei, so ist das nicht deren Schuld, sondern die Folge einer konzeptionslosen Luftverkehrspolitik. Will man hier nur vom eigenen Versagen ablenken?

Auch hier haben diejenigen, die das alles mit ihren Steuergeldern finanzieren, einen Anspruch auf eine sorgfältige Prüfung der Aspekte der Förderung des Allgemeinwohls, der Bedürftigkeit und einer nachhaltig sinnvollen Verteilung und Absicherung der steuerfinanzierten Hilfen. Die Bürger gegen Fluglärm haben aus langjähriger Erfahrung erhebliche Zweifel, dass die Mitarbeiter des Verkehrs-Ministeriums NRW hierzu in der Lage und Willens sind.