Medien- und Politik-Info 01.11.2023

Bilanz der Bürger gegen Fluglärm: Immer mehr Starts früh morgens, immer mehr Landungen spät abends und nachts

Die wichtigste Reisezeit dieses Jahres ist vorbei, daher ziehen die Bürger gegen Fluglärm Bilanz. Wie ist dieser Sommer aus Sicht der Fluglärmgegner gelaufen? Die wichtigste Erkenntnis: Die Starts konzentrieren sich immer mehr auf die frühen Morgenstunden, die Landungen auf die späten Abendstunden bzw. in die Nacht hinein.

Die Bürger gegen Fluglärm haben die sechs verkehrsreichsten Monate des Jahres 2023 (Mai bis Oktober) ausgewertet und mit dem gleichen Zeitraum des letzten Vor-Corona-Jahres 2019 verglichen: Die Gesamtzahl der Linien- und Charterflüge liegt 2023 um rd. 28% unter der des letzten „Normal-Jahres“. Nur wenig gesunken ist aber die absolute Zahl der Starts morgens früh ab 6:00 Uhr und v.a. die Zahl der nur angeblich „ausnahmsweise“ erlaubten verspäteten Landungen nach 23 Uhr. Schaut man sich die sogenannte relative Tagesganglinien an, so erkennt man, dass die frühen Starts und die späten Landungen deutlich zugenommen haben.

Der Anteil der Starts 6-7 Uhr (in der Grafik die 6 Uhr) ist von 9,5% (2019) aller Starts im Laufe des Tages auf 11,2% (2023) gestiegen, bei den Landungen ist es in der Nachtstunde (!) 22-23 Uhr ein Anstieg von 10,1% auf 12,0%. In absoluten Zahlen sind es zwar noch etwas geringer als 2019, aber man stelle sich nur einmal vor, der Flugverkehr erreicht tatsächlich einmal wieder das Vor-Corona-Niveau. Wie hoch wird dann die Belastung der sensiblen Morgen- und Nachtstunden?

Nach 23 Uhr sind in den Monaten Mai bis Oktober 2023 über 1.000 Flugzeuge in Düsseldorf gelandet. Die meisten davon übrigens von Eurowings (42%), Condor (32% und TUIfly (15%), obwohl ihr Anteil an den gesamten Starts und Landungen nur 39% (Eurowings), 8% (Condor) und 4% (TUIfly) beträgt.

Für die sehr späten Nachtlandungen nach 23:30 Uhr, die nur für die sog. Homebase-Carrier erlaubt sind, ist übrigens auch die absolute Zahl gestiegen: Von 206 Landungen im Mai-Okt 2019 auf 281 im gleichen Zeitraum 2023, die Landungen nach Mitternacht sind von 21 in 2019 auf 28 in 2023 gestiegen. Die Jubelgesänge des Flughafens, dass die Nachtflüge gegenüber dem vergangenen (Horror-)Jahr zurückgegangen sind, relativiert sich also deutlich.

Warum ist das so? Die Struktur der Flugziele hat sich erheblich verändert. Die Urlaubsflüge Richtung Mittelmehr und nach Südost-Europa/Vorderasien (häufig Heimaturlaub der Mitbürger mit Migrationshintergrund) haben längst das absolute Niveau von 2019 erreicht und überschritten. Sie machen zusammen inzwischen 55% der Flugbewegungen aus. Innerdeutsche Flüge und ins benachbarte Ausland sowie Fernziele ab Düsseldorf sind eingebrochen. Dies würde in absoluten Zahlen sogar noch deutlicher (hier nicht dargestellt): Deutschland/Mitteleropa um die Hälfte Fernsziele sogar um fast zwei Drittel.

Die höheren Anteile der Urlaubsflüge sorgen für die Konzentration der Starts auf die Zeit von 6-8 Uhr und der Landungen nach 22 Uhr. Umso mehr kommt es zu Verspätungen, egal ob morgens der Luftraum bei maximal 36 Starts pro Stunde voll ist (durchschnittlicher Startabstand 100 Sekunden,nur realisierbar unter idealen Bedingungen)  oder abends die für die maximalen 33 Landungen pro Stunde notwendige Gleichverteilung auf der „Perlenschnur“ nicht klappt.

Der Flughafen braucht keine Kapazitätserhöhung, er braucht auch keine „Flexibilisierung“ der Bahnnutzungsregeln, die er sich selbst eingebrockt hat, als er mehr als die 40 Flüge pro Stunde haben wollte. Er sollte sich darauf konzentrieren, das jetzt Erlaubte besser auszuschöpfen und diese Flüge in hoher Qualität abzuwickeln.

Was passiert anstelle dessen? Reisende berichten, dass sie Zeitfenster für die Sicherheitskontrollen zugewiesen bekamen, die 2,5 Stunden vor dem Abflug lagen. Wenn aber die check-In-Schalter erst 2 Stunden vor Abflug öffnen, dann nutzt dieses Zeitfenster nichts. Reisende berichten, dass sie abends weit über eine Stunde auf ihre Koffer warten mussten. Wann der 1. Koffer kommt, wie es Geschäftsführer Lars Redeligx im RP-Interview behauptete (nach 15 Minuten), ist für die Reisenden in etwa genau so relevant wie für die Anwohner die Frage, wann die erste nach 23 Uhr verspätete Maschine landet. Es kommt darauf an, wann (endlich) der letzte Koffer kommt bzw. wann die letzte Maschine, oft genug knapp vor Mitternacht oder gar darüber hinaus landet und Zigtausende aus dem Schlaf reißt.

Und noch etwas: Falls die Kapazitätserweiterung des Flughafens genehmigt, und bis 22 Uhr bis zu 60 Flugbewegungen pro Stunde erlaubt werden, würden die Nachtverspätungn nochmals explodieren, denn der Anteil der in die Nachtstunde verspäteten Flüge wird ja nicht sinken – im Gegenteil.

Vergleichen Sie auch die vollständige Auswertung der Flugbewegungen von Mai bis Oktober 2023: https://bgf-ev.de/download/auswertungen-der-flugbewegungen-mai-bis-oktober-2023/