Pressemitteilung 20.04.2020

Bürger gegen Fluglärm legen einen Gang zu: Sie beantragen, den Erweiterungsantrag des Flughafens Düsseldorf abzulehnen oder zumindest das Verfahren in der jetzigen Situation auszusetzen

Alle Appelle an Verkehrsminister Wüst, das Planfeststellungsverfahren zur Kapazitätserweiterung des Flughafens Düsseldorf zum jetzigen Zeitpunkt auszusetzen, haben bisher nicht gefruchtet. Jetzt haben die Bürger gegen Fluglärm ihren Rechtsanwalt eingeschaltet und offiziell beantragt, den Antrag abzulehnen, zumindest aber das Verfahren auszusetzen, bis die Auswirkungen der aktuellen Corona-Krise auf die Zukunft des Luftverkehrs und des Flughafens Düsseldorf klarer zu erkennen sind. An der geplanten öffentlichen Auslegung von neuen Gutachten ab dem 4. Mai festzuhalten, ist vor dem Hintergrund der aktuellen Situation aus Sicht der Bürger gegen Fluglärm eine ungerechtfertigte Benachteiligung der Lärm- und Abgasbetroffenen.

Der Flughafens Düsseldorf hatte bereits 2015 eine Erweiterung der Zahl der Flugbewegungen um rund 25% beantragt, worauf über 40.000 Menschen Einspruch dagegen eingelegt haben. Im Februar 2017 haben Bürgerinitiativen, die umliegenden Städte und unabhängige Gutachter gravierenste Mängel der Antragsunterlagen in einer 6-tägigen Anhörung nachgewiesen. Der Flughafen brauchte jetzt erneute drei Jahre, um darauf zu antworten und neue Gutachten beizubringen, die jetzt offengelegt werden sollen. Die Anwohner und die Städte sollen nun in insgesamt 8 Wochen die neuen Gutachten analysieren und bewerten, und das in einer Situation, in der sie sich weder effektiv beraten können noch eine praktikable Öffentlichkeitsarbeit möglich ist, weil Veranstaltungen und selbst Info-Stände verboten sind.

Dabei ist jetzt schon klar, dass drei wesentliche Punkte des Antrages nicht hinreichend geklärt sind:

  1. Eine Prognose des Luftverkehrs ist zum jetzigen Zeitpunkt so gut wie unmöglich. Alle Stimmen, selbst innerhalb der Luftfahrtbranche (z.B. der Chef der Lufthansa Carsten Spohr), gehen davon aus, dass sich der Markt völlig verändern wird und auf Jahre hinweg nicht den Zustand vor der Corona-Pandemie erreichen wird. Damit sind alle Prognosen, die die aktuelle Situation nicht berücksichtigen, bereits jetzt überholt.
  2. Nach dem Bundes-Klimaschutzgesetz müssen seit Ende 2019 alle noch nicht abgeschlossenen Planfeststellungsverfahren eine Klimaverträglichkeitsprüfung erstellen, die in den angekündigten Gutachten aber nicht enthalten ist. Rechtsanwalt Prof. Karsten Sommer: „Diese Prüfung muss zu dem Ergebnis kommen, dass die Planfeststellung wegen Verstoßes gegen die Klimaziele abzulehnen ist.“
  3. fehlt nach wie vor ein Kapazitäts und Risiko-Gutachten. Die Erhöhung der sog. Stundeneckwerte kann zu einem erhöhten Risiko für Flugunfälle führen. Ob das so ist, muss zumindest untersucht werden. Bei den vorherigen Genehmigungen wurden diese Unter-suchungen für eine weit kleinere Erhöhung der Stunden-Eckwerte beigebracht. Statt eines Kapazitätsgutachtens gibt es nur „Simulationen“, die wesentliche Engpässe wie Luftraum-Kapazitäten, Rollwege und Abstellpositionen ausblenden. „Die fehler- und lückenhaften Nachlieferungen des Flughafens werden nicht ausreichen, einen Planfeststellungsbeschluss gerichtsfest zu machen“, so RA Sommer.

Völlig unveständlich ist für die Bürger gegen Fluglärm, dass an dem Zeitplan festgehalten wird, die Öffentlichkeitsbeteiligung noch vor der Sommerpause abzuschließen. „Es ist aufgrund des Veranstaltungsverbotes zurzeit nicht möglich, sich ordentlich auf die Auslegung vorzubereiten und anschließend Infoveranstaltungen oder Info-Stände zu organisieren“, so Christoph Lange, 1. Vorsitzender der Bürger gegen Fluglärm. „Und eine Veröffentlichung der Unterlagen im Internet ersetzt auch keine ordnungsgemäße öffentliche Auslegung. Wir haben viele ältere Mitglieder, die nicht so gut mit Computern umgehen können und darauf angewiesen sind, die offiziellen Auslegungsstellen zu besuchen, um die Gutachten einzusehen. Viele fürchten sich einfach davor, Papiere durchzublättern, die vielleicht schon durch viele Hände gegangen sind.  Da sie teilweise zur Corona-Risikogruppe angehören, ist ihnen ein Besuch in den Auslegungsstellen nicht zuzumuten.“ Prof. Sommer ergänzt: „Die Öffentlichkeitsbeteiligung eines Planfeststellungsverfahren gilt als Veranstaltung, die lt. Coronaschutzverlrdnung aktuell verboten ist, da sie dazu führen können, dass sich mehrere fremde Personen gleichzeitig in einem abgeschlossenen Raum aufhalten können, um Planunterlagen durchzuschauen.“

Hierzu auch ein von Prof. Sommer freigegebenes Zitat aus seinem Antrag:

Die Landesregierung appelliert derzeit auf www.land.nrw/corona: „Halten Sie Abstand. Und treffen Sie möglichst wenige Menschen. So schwächen wir das Virus.“ Nur der Verkehrsminister will wohl das Virus stärken, indem er die Menschen in Düsseldorf, Duisburg, Essen, Heiligenhaus, Kaarst, Krefeld, Meerbusch, Moers, Mülheim, Neuss, Ratingen, Tönisvorst und Willich ausgerechnet jetzt in eine Öffentlichkeitsbeteiligung schickt. Und das in einem Verfahren, dass bereits 5 Jahre andauert und nicht vor 2022 abgeschlossen sein soll.

Sehr geehrter Herr Verkehrsminister,

beenden Sie diese Attacke wider die Vernunft und die bisher auch in NRW so erfolgreichen Bemühungen, das Virus zu schwächen und räumen auch Sie in diesem Verfahren dem Grundrecht auf Wahrung der körperlichen Unversehrtheit den ihm gebührenden Vorrang vor dem Fortgang von Verwaltungsverfahren ein!