Interview in der Rheinischen Post 16.03.2020

Flughafen Düsseldorf muss Rücksicht nehmen


Christoph Lange, 1. Vorsitzender Bürger gegen Fluglärm e.V.: Das sei „ein Kampf David gegen Goliath“.
RP-FOTO: ENA

Die „Bürger gegen Fluglärm“ sind gegen Nachtflüge und fordern strengere Regeln. Die Zusammenarbeit mit Stadt und Politik funktioniere aber gut.

  Von Verena Bretz

Der Osterather Christoph Lange ist Vorsitzender des Vereins „Bürger gegen Fluglärm“ (BgF). Im Gespräch berichtet er über die Arbeit der Initiative.

RP
Sie kämpfen seit Jahren gegen Fluglärm und Abgase. Wo stehen wir?

CHRISTOPH LANGE
Ganz einfach: Was wäre, wenn es die mit 6500 Mitgliedern größte Einzelinitiative „Bürger gegen Fluglärm“ nicht gäbe? Der Flughafen würde Lärm und Abgase rund um die Uhr produzieren. Das ist ein Kampf David gegen Goliath. Aber wir lassen nicht locker.

RP
Woran arbeiten Sie im Moment?

LANGE
Der Verkehrsminister hat die Entscheidung über den bereits 2015 gestellten Antrag des Flughafens, der bis zu 30 Prozent mehr Flüge will, auf das Jahr 2022 verschoben. Jetzt gibt es neue Gutachten des Flughafens, die müssen wir uns anschauen und dazu Stellung nehmen. Immerhin vertreten wir 27.000 Einwender. Wir fordern mehr Zeit und die finanziellen Mittel für Gegengutachten. Es zeigt sich immer deutlicher, dass eine weitere Erhöhung in Düsseldorf unnötig ist und zudem die Existenz der Flughäfen Münster/Osnabrück, Paderborn und Weeze gefährdet. Das kann die Landespolitik nicht wollen.

RP
Was sind weitere Themen?

LANGE
Das Dauerthema schlechthin sind Verspätungen. Der Juni ist meist der schlimmste Monat. Warum? Weil die Airlines die Planungen hochfahren und austesten, was geht. Und wenn eine Landung nach Mitternacht gerade einmal zwölf Euro mehr kostet als vor Mitternacht – wohlgemerkt für das ganze Flugzeug, nicht etwa pro Passagier – dann sieht doch jeder, wie schief die Gebührenordnung ist. Ein gutes Beispiel ist Hamburg: Da kostet alles nach 22 Uhr deutlich mehr. Selbst der viel größere Flughafen Frankfurt hat strengere Regeln bezüglich der Nachtflüge. Sind die Betroffenen hier Menschen zweiter Klasse?

RP
Wie sieht es mit der Belastung durch Abgase aus?

LANGE
Die Airlines sagen, sie wollen Kerosin und somit Abgase sparen. Aber wenn auf dem Vorfeld und im Stau beim Starten im Leerlauf richtig viel verbrannt wurde, ist die Ersparnis etwa durch flachere Starts nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Der Anteil des Luftverkehrs an Klimagasen oder am Stickstoffdioxid-Ausstoß wird verharmlost. Die extrem gefährlichen Ultrafeinen Partikel (UFP) sind nicht einmal ansatzweise erforscht. Deshalb muss man weiter messen, auch in Büderich. Solange noch keine Grenzwerte vorliegen, müssen die Menschen mit sogenannten Vorsorgewerten vorsorglich geschützt werden.

RP
Wie soll diese Vorsorge aussehen?

LANGE
Der Flughafen muss in bestimmten Punkten mehr Rücksicht nehmen: Von 22 bis 6 Uhr und am Wochenende bis 7 Uhr muss Ruhe herrschen. Es sollte so lärm- und abgasarm geflogen werden wie möglich, und diese abertausenden Kurzstreckenflüge müssen durch Bahnreisen ersetzt werden. Die Gebühren müssen verhindern, dass Fliegen billiger ist als die Bahn.

RP
Was fordern Sie konkret?

LANGE
Die Nachtflugregeln sind uralt und gehören abgeschafft. Die Gebühren müssen drastisch steigen, vor allem in der Nacht. Dann kosten Tickets auch wieder das, was sie nun einmal kosten müssen. Das Verkehrsministerium muss sich auch um Flachstarts und Abgase kümmern. Es braucht Messungen und unabhängige Gutachten. Der Flughafen lässt alles immer nur berechnen. Die Daten dafür liefert er selbst. So gehen die Gutachten für den neuen Antrag von 138.000 Flugbewegungen in sechs Monaten aus, beantragt werden aber viel mehr, nämlich rund 160.000. Das prangern wir an, weil es sonst keiner merkt.

RP
Wie ist das Verhältnis der Initiative zur Politik?

LANGE
Wir sind grundsätzlich neutral. Wer den Betroffenen hilft, hat unsere volle Unterstützung. Wer sich drückt, wird hart und sachlich kritisiert und an den Pranger gestellt. Die Zusammenarbeit in Meerbusch mit dem Rat, den Fraktionen und vor allen Dingen mit der Bürgermeisterin, die auch in der Fluglärmkommission sitzt, ist ausgezeichnet. Parteipolitische Manöver interessieren uns nicht. Wir werden allerdings auch weiterhin vor Wahlen sogenannte Wahlprüfsteine formulieren, um Antworten bitten und diese auch veröffentlichen. Wichtig ist, dass alle zusammenhalten und nicht nur die eigenen „Kirchturm-Interessen“ vertreten.

RP
Wie ist die Unterstützung aus der Bevölkerung?

LANGE
Wir bekommen viel positives Feedback. Aber wir brauchen dringend mehr Leute, die auch aktiv mitmachen, vor allem jüngere. Man kann mit kleinen Dingen anfangen, etwa mit Beschwerden über Nachtflüge. Dabei sollte man Freunde und Nachbarn mit einbeziehen. Grundsätzlich gilt ja: Wer nicht wenigstens probiert, sich zu wehren, hat schon verloren. Auf unserer neuen Website www.bgf-ev.de stehen neben aktuellen Informationen die Termine unserer Treffen. Da kann jeder einfach mal hingehen. Und man findet dort viele interessante Informationen.